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Hufbeschlag – ein Fall für den Tierschutz?

Foto © Maksida Vogt

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… von Maksida Vogt | Meinung |

Je mehr man sich mit dem Thema Hufbeschlag beschäftigt, desto mehr ist man über die Tatsache entsetzt, dass das Beschlagen immer noch erlaubt ist. Die Fakten, die den Schaden im Organ Huf verursachen, sind wissenschaftlich belegt und unumstritten. Angefangen von der reduzierten Blutzirkulation im Huf über den eingeschränkten oder zerstörten Hufmechanismus, über Aufprallschäden im Huf und in den Gelenken, über die Folgeschäden an der Muskulatur durch die falsche Stellung bis zu den Zwanghufen, um nur ein paar davon zu nennen.

Pferde werden beschlagen, weil sie „fühlig“ gehen. Und was machen wir? Wir behandeln die Symptome und machen das Pferd reitbar für UNS. Es wäre hier vielleicht die Frage angebracht: Warum sind die Hufe empfindlich? Oder ist das schon so normal für uns, eine schnelle Lösung zu suchen, nur damit wir das Problem schnell beseitigen, ohne uns zu viel damit auseinandersetzen zu müssen? Oder liegt es daran, dass wir die Antwort gar nicht wissen möchten? Es könnte nämlich sein, dass wir uns eingestehen müssen, dass die Haltung, die die meisten Pferde fristen dürfen, ihre Hufe krank macht. Dass die Pferde in den eigenen Ausscheidungen in der Box stehen müssen und das aggressive Ammoniak das Horn zerstört. Oder dass ein großer Mangel an Bewegung in den winzigen Paddocks und Koppeln besteht. Vielleicht müssten wir uns eingestehen, dass die empfindlichen Hufe eine logische Konsequenz sind, wenn sich das Pferd nur auf der weichen Weide bewegen darf und man dann von ihm verlangt, auf den Schotterwegen zu gehen? Hufe müssen sich auf den Untergrund einstellen, auf dem sie laufen sollen. Dementsprechend brauchen die Pferde die Bewegung auf verschiedenen Böden, damit die Hufe gehärtet werden. Es ist keineswegs  andersherum, dass das Pferd mit den kranken oder empfindlichen Hufen beschlagen werden muss, damit es reitbar ist.

Woran liegt es, dass die Reiter darüber nicht aufgeklärt werden? Die Antwort könnten wir finden, wenn wir uns das Wort „Hufschmied“ näher anschauen. Im Englischen ist das noch deutlicher, dort wird das Wort „farrier“ verwendet (vom lateinischen „ferrum“ = Eisen).

Video © The Factory, www.fotolia.de

Der Schwerpunkt hier liegt in der Eisenverarbeitung und der Anbringung an den Huf. Die Funktionen und Aufgaben des Hufes als Organ werden so gut wie nicht beachtet. Wenn das der Fall wäre, dann denke ich, dass kaum ein Hufschmied so skrupellos sein würde und das Pferd beschlagen würde. Ganz im Gegenteil, sobald Hufschmiede dieses Wissen erlangen, nehmen viele vom Beschlagen der Pferde Abstand. Die Zahl solcher Hufschmiede wächst täglich, ich persönlich kenne einige. Wie sollten sie auch anders reagieren? Schließlich möchten sie ihren Beruf korrekt ausüben und die Gesundheit der Hufe (die auch ein metabolisches Organ sind) gewährleisten. Sind es letzten Endes dann doch die Reiter, die den Hufbeschlag zu verantworten haben, weil sie um jeden Preis reiten möchten, und die diejenigen Hufschmiede, die ihnen die Wahrheit über den Hufbeschlag erklären möchten, nicht mehr beschäftigen, falls sie sich weigern, ihr Pferd zu beschlagen?

Lesenswert ist der Artikel des ehemaligen Hufschmieds John Graves: »Meine Wandlung – Reise eines Hufschmieds zu der natürlichen Hufpflege«. Er beschreibt seine Erfahrungen als Hufschmied, der den Weg zur natürlichen Hufpflege gefunden hat, die ihm wiederum erst ermöglichte, den Pferden wirklich zu helfen.

Er sagt: »Der Schmerz und die Leiden, welche ich gesehen habe, die die Pferde durch die ›gut gemeinte‹ übliche Hufpflege zu erleiden haben, müssen beendet werden. Ich weiß, warum die Hufschmiede tun, was sie tun, und warum die Tierärzte anordnen, was sie anordnen. Ich bin die gleichen Methoden und Glaubenssysteme gelehrt worden. Für manche ist es Ignoranz bezüglich des Hufmechanismus und der Physiologie. Für die anderen ist es die Sicherheit des Arbeitsplatzes und finanzielle Notwendigkeit. Für manche ist es sicherlich auch die Sucht nach dem Metall – sie müssen die Befriedigung bekommen, eine Arbeit auszuüben, die sehr alt und schwierig ist. Fast alle Hufschmiede werden Ihnen sagen: ›Es geht ums Pferd‹ an irgendeinem Punkt in der Diskussion über das, was sie eigentlich tun. Manche glauben das sogar. Für andere ist das nur Lippenbekenntnis. Sie alle glauben, ihr altehrwürdiger Beruf sei ein nobles, ehrliches Unterfangen. Und das wäre auch richtig, wenn er nicht auf dem Grundstein von falschen Informationen stehen würde, die Tausende Jahre alt sind. Wenn mich die Pferdebesitzer fragen, warum ich glaube, dass es falsch ist, Pferde zu beschlagen, dann sage ich ihnen, dass der Beschlag für Pferde erfunden worden ist, als die Menschen glaubten, dass die Erde flach ist und das Zentrum des Universums.«

Jetzt wissen wir, dass die Erde rund ist; wir haben sogar die Aufnahmen, die sie im Weltall zeigen. Und wir haben Fotos, Videos und Fakten, die den Schaden in dem beschlagenen Huf genau dokumentieren. Wir haben sogar das Internet, und das Aneignen des Wissens war nie einfacher. Was genau hindert uns nun daran, zu lernen und dieses Wissen anzuwenden?

Maksida Vogt ist Autorin des Buches „Befreie dein Pferd – befreie dich selbst“, das im Frühjahr 2013 bei Cadmos erschienen ist.

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Wir freuen uns auf eine niveauvolle Diskussion. Bitte teilen Sie uns Ihre kompetente Ansicht zu der Frage „Hufbeschlag – Ein Fall für den Tierschutz?“ mit. Frau Vogt wird Ihre Kommentare beantworten. Bitte geben Sie der Autorin und unserer Redaktion dafür ein paar Tage Zeit. Sie werden verstehen, dass wir nur qualifizierte und zum Thema passende Kommentare veröffentlichen. Auf unserer facebook-Page wird zu diesem Thema keine Diskussion geführt.

Danke für Ihr Verständnis. 

 

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Category: Besondere Themen

Comments (138)

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  1. Frank Heilmann sagt:

    Vorab: unsere drei gehen barhuf.

    Da Reiten ,gemäß Frau Vogt, gleichzusetzen ist mit Frauen verprügeln und damit sowieso abzulehnen, ist es nur folgerichtig, den Beschlag a priori als Tierquälerei anzusehen, denn er dient ja in erster Linie dem Reiten.

    Das gleiche gilt dann aber auch für das Gebiss, sämtliche Futtermischungen, die Zirkus- und Bodenarbeit und für die Haltung eines Pferdes überhaupt.

    Denn wenn alles, was der Nutzung des Pferdes dient, prinzipiell und per se als unnatürlich und als Zwang abgelehnt wird, bleibt man nur ehrlich, wenn man auch die Haltung als solches ablehnt.

    Dann ist jeder sogenannte „bessere“ Kompromiß nichts anderes, als ein sich selbst Schönreden oder ein Geschäftsmodell, das den Wunsch nach moralisch ethischer Besserstellung bedient..

    Um ebenfalls flappsige Bilder zu gebrauchen: es gibt Frauen, die tragen Highheels. Aus ostheopathischer Sicht einer Vergewaltigung gleichzusetzen. Wird das mit schlecht passenden Schuhen, ohne entsprechende Übung, mit Exterieurmängeln und übertrieben gemacht, endet es im Desaster.
    Verantwortungsvoll und richtig gemacht kann das zum Gewinn für alle Parteien werden. Das gleiche gilt für BH’s. Gerade bei Tätigkeiten, die nicht der „natürlichen“ Fortbewegung oder Stützfunktion dienen.

    Was ich damit sagen will ist, das nichts als prinzipiell böse oder schlecht zu gelten hat.
    Eben so wenig, wie etwas prinzipiell gut ist.
    Es ist individuell auf den Prüfstand zu stellen. Und niemals sind einzelne Dinge nur isoliert zu betrachten, sondern Teil eines Gesamtkonzepts, das in sich stimmig sein muß.

    Um etwas als tierschutzrelevant zu brandmarken ist nicht entscheidend WAS man tut, sondern WIE und WARUM.

    Ohne das jetzt fachlich zu begründen, das wurde hinreichend getan, ohne dass sich damit fair auseinandergesetzt wurde, äußere ich meine Meinung, dass es Situationen gibt, die einen Beschlag notwendig machen können. Die Natur regelt das, indem das betreffende Pferd vom Puma gefressen wird.
    Wir könnten es dann einschläfern oder verkaufen und die Verantwortung abgeben.

    Und es ist (nach meiner Meinung) so, dass sehr viele Beschläge unnötig sind. Deshalb bin ich noch kein Tierquäler, wenn mein Pferd beschlagen ist. Und ich bin auch noch kein besserer Mensch, weil mein Pferd barhuf geht.

    Wenn ich mir so manchen ausgerissenen, schiefstehenden Barhuf mit einschnürenden Hufwänden und eingerollten Trachten betrachte, dann würde ich die Frage von Frau Vogt umformulieren:

    Mangelnde Hufpflege-ein Fall für den Tierschutz ?

    Frau Vogt schafft es, nach bester NLP-Manier, sehr schön zu polarisieren und sich dabei, dank der mehr oder weniger subtil eingesetzten rhetorischen Mittel, ihr Leadership zu verteidigen. Sie setzt ihre eigenen Dogmen den anderen Dogmen entgegen. Und das ist gut so, wenn es dazu führt, das vielleicht der Ein oder Andere über Dinge nachdenkt, die er bisher als „alternativlos“ sah.

  2. Nessie sagt:

    Zur Information wie der Hufmechanismus funktioniert:

    http://youtu.be/EL_45ml-TlI

    (bei Youtube zu finden unter dem Suchbegriff Final Proof 2)

  3. Stefanie A. sagt:

    Hallo,

    nun mal an alle Barhuffanatiker. Okay, es ist nicht abzustreiten, dass der Huf ohne Beschlag der Natur des Pferdes entspricht, allerdings nicht geritten, gefahren und nur auf weichen Böden laufend, bzw. der Natur des Pferdes entsprechend.

    So, der Huf ist gleichzusetzen mit unserem Fuß. Und auch bei uns ist bewiesen, dass Barfuß laufen für die Füße am gesündesten ist. Nun ist es aber so, dass wir alle Schuhe tragen, manche die bequemeren und vielleicht mit Einlegesohlen (Vergleich für gute Beschläge) uns manche mit hohen Absätzen und Zusammendrücken der Zehen (Vergleich die nicht so guten Beschläge). Warum laufen wir nun aber nicht alle barfuß? Weil wir nun mal überall Straße und für die Füße unbequeme Wege haben und unsere Füße davor schützen wollen.

    Wenn man jetzt ein Pferd mit 10mm starken Eisen beschlägt und diese Eisen sind nach 8 Wochen nur noch 1mm stark, dann, denke ich, kann man sich vorstellen, wie der Huf ohne Eisen nach 8 Wochen ausgesehen hätte …

    Um den Huf dann zusätzlich noch zu unterstützen, kann man unter den Huf Platten mit Silikon machen, sodass der Strahl wieder Bodenkontakt hat, wie beim Barfußhuf.

    Mit freundlichem Gruß