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So wichtig ist Verbundenheit

von Warwick Schiller (Übersetzung: A.Trosse) +++ TEASER & LESEPROBE aus Feine Hilfen 52 +++

Verbundenheit bedeutet, dass das Pferd weiß, dass es bei allem, was Sie von ihm verlangen, berücksichtigt wird. (Foto: Tyler Schiller)

Warwick Schiller vermittelt sein Wissen als Ausbilder sowohl online als auch weltweit in Seminaren. In dieser Ausgabe der FEINE HILFEN erklärt er, welchen Stellenwert eine auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehung für die Pferdeausbildung hat und wie er erkannte, dass dies Grundlage all seiner Arbeit sein muss.

In den letzten Jahren habe ich mich im Umgang mit Pferden ziemlich verändert. Der Grund dafür liegt jetzt etwa sechs Jahre zurück. Meine Frau Robyn kaufte damals ein neues Reining-Pferd namens Sherlock. Sherlock war ein phänomenaler Athlet, aber es gab ein paar Kleinigkeiten, die ihn davon abhielten, im Sport erfolgreich zu sein. Dazu gehörte z. B., dass er sich vor den Richtern erschrak. Damals gab ich weltweit Seminare, half allen möglichen Pferden, die Probleme hatten, und mein Youtube-Kanal hatte etwa zehn Millionen Aufrufe. Ich dachte, ich hätte Pferdetraining verstanden und dass es sicher ein Leichtes wäre, die Lösung für Sherlocks Probleme zu finden. Die Probleme, von denen wir wussten, waren tatsächlich relativ einfach zu überwinden, aber während ich an diesen arbeitete, wurde mir deutlich bewusst, dass dieses Pferd sich so sehr selbst aufgegeben hatte, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. Sherlock war extrem gehorsam, dabei aber auf eine regelrecht erstarrte Art und Weise angespannt. Seine Anspannung führte nicht zu explosivem Verhalten, sondern dazu, dass er in den Reining-Manövern eine solche Anspannung an den Tag legte, dass er einfach kein Superstar werden konnte. Er war durchtrainiert und konnte erstaunliche Dinge tun, aber seine Anspannung behinderte ihn, und je mehr ich versuchte, das Problem zu lösen, desto mehr wurde mir klar, dass er ein Maß an erlernter Hilflosigkeit in sich trug, das ich zuvor noch nicht erlebt hatte. Er brachte mich dazu, Dinge von einem anderen Standpunkt zu betrachten als jenen, den ich bis dahin beim Training verfolgte, und ich begann verschiedene Herangehensweisen der Arbeit mit Pferden zu untersuchen. Mit Clicker-Training fing ich an, Sherlock eine andere Perspektive anzubieten, wenn ich ihn bat, Dinge zu tun. Aber auch hier ging es immer noch um Training. Immer noch war ich es, der um etwas bat und irgendein Ergebnis erwartete. Sherlock interessierte sich nicht für meine Erwartungen an die Ergebnisse. Ich recherchierte weiter und fand einige Artikel, in denen es nicht darum ging, mit spezifischen Techniken Dinge vom Pferd zu erbitten, sondern eher darum, dem Pferd zuzuhören. Je mehr ich Artikel dieser Art las, desto sicherer war ich mir, dass ich irgendwo darin die Antwort auf meine Probleme mit Sherlock finden würde. Damals war ich noch nicht sicher, was ich mit den Informationen anfangen sollte, aber ich wusste, dass eine Korrektur nicht die Lösung war. Bald darauf gab mir ein Pferd bei einem Seminar, das ich in Texas gab, die Antwort, nach der ich suchte.

Ist der Schüler bereit, wird er zum Lehrer

Am ersten Tag des zweitägigen Seminars in Texas traf ich eine Teilnehmerin namens Hannah mit ihrem Mustang Cody. Cody war neun Jahre alt und seit seinem dritten Lebensjahr nicht mehr in freier Wildbahn. Hannah erzählte mir, dass sie Cody in den letzten sechs Jahren geritten hatte, und obwohl er sowohl mit der Bodenarbeit als auch mit der Arbeit unter dem Sattel einverstanden zu sein schien, konnte er plötzlich scheinbar ohne Grund einfach durchgehen. Durchgehen ist normalerweise ziemlich einfach zu beheben, wenn man weiß, was es verursacht. Als ich Hannah fragte, ob sie irgendeinen Anhaltspunkt hätte, was die Ursache für das Durchgehen sein könnte, sagte sie, sie habe keine Ahnung, da es so aussah, als wären manchmal Dinge Auslöser, mit denen Cody zuvor einverstanden gewesen sei. Pferde, die sich so verhalten, zeigen normalerweise ein deutliches Maß an Angst. Häufig gibt es dann keinen bestimmten Auslöser – die Angst selbst ist Ursache für das Losschießen. Cody zeigte aber nichts davon und schien ein nettes, ruhiges Pferd zu sein. Während des zweitägigen Seminars arbeitete ich mit der Hälfte der Pferde in der Vormittagsgruppe und mit der anderen Hälfte in der Nachmittagsgruppe. Cody und Hannah waren in der Morgengruppe. Während der Bodenarbeit am ersten Morgen sagte Hannah zu mir: „Er blockiert mich, wenn ich ihn von der Seite aus bitte, hinten überzutreten.“ Ich wollte mir das genauer ansehen und stellte mich zunächst vor ihn. Von dort begann ich, seitlich an ihm vorbeizugehen. Kaum hatte ich begonnen, drehte er seinen Kopf, um mich daran zu hindern. Früher hätte ich einfach sanft unter seinen Kiefer gegriffen und seinen Kopf wieder in eine gerade Position bewegt, bevor ich weiter seitlich an ihm vorbeigegangen wäre. Aufgrund der Artikel, die ich gelesen hatte, dachte ich aber, ich sollte eventuell einen anderen Ansatz ausprobieren. Als er mich mit seinem Kopf blockierte, hörte ich zu. Ich betrachtete es nicht als ein Problem, das es zu lösen gilt, ich betrachtete es als wertvolle Information darüber, was er darüber dachte, dass ich mich in diesem Moment seitlich von ihm positionieren wollte. Ich trat wieder vor ihn und wartete, bis er ein kleines Zeichen der Entspannung zeigte. Es könnte sein Blinzeln gewesen sein, das zur normalen Geschwindigkeit zurückkehrte (die Blinzelfrequenz eines Pferdes verlangsamt sich, wenn es angespannt ist), oder es könnte sein, dass er seinen Kopf leicht gesenkt hat. Ich erinnere mich nicht genau, was er getan hat, aber ich erinnere mich, dass ich gewartet habe, bis er sich im Hinblick auf unser bisheriges Aufeinandertreffen besser fühlte, bevor ich es erneut versuchte. Als ich es erneut versuchte, stieß ich auf die gleiche Blockierungstaktik, und wieder trat ich zurück nach vorne und wartete. Das ging ungefähr zehn Minuten so, und schließlich ließ er zu, dass ich mich seitlich von ihm positionierte. Ich bat ihn – Hannah hatte ja daran mit ihm arbeiten wollen –, mit der Hinterhand überzutreten. Er führte diese Übung perfekt aus. Dann stellte ich mich wieder vor ihn und versuchte es noch einmal. Er ließ es zu. Ich wiederholte dies noch ein paar Mal, um sicherzustellen, dass das Problem gelöst war, gab dann Hannah den Führstrick zurück und sagte ihr, sie solle einfach bei ihm bleiben und ihn verarbeiten lassen, was gerade passiert ist, während ich mit einem anderen Pferd arbeitete. Ungefähr zehn Minuten später hörte ich ein kollektives Nach-Luft-Schnappen der Zuschauer. Als ich mich umdrehte, sah ich Cody, der auf seinem Bauch auf dem Boden lag und kleine Staubwolken in den Sand schnorchelte. Dann wälzte er sich, stand auf, schüttelte sich, ging wieder in die Knie und ließ sich wieder auf den Bauch fallen, und wieder fing er an, Staubwolken zu schnorcheln. Ich fragte Hannah, ob das ein übliches Verhalten von ihm sei, und sie antwortete: „Ich habe ihn in den sechs Jahren, in denen ich ihn besitze, nur einmal liegen gesehen. Da war er draußen auf einer Wiese, und als er mich kommen sah, sprang er sofort auf.“ All das geschah gegen zehn Uhr morgens. Cody schlief bis zum Mittagessen in der Reithalle. Wir mussten ihn aufwecken, um die nächste Pferdegruppe hereinzubringen. Am zweiten Seminartag, als Hannah und Cody in die Reithalle kamen, fragte Hannah, ob ich wollte, dass sie etwas Bestimmtes mit ihm machen solle. Ich sagte ihr, sie solle einfach nur Zeit mit ihm verbringen und wir würden sehen, was passiert. Nach ungefähr 20 Minuten knickten Cody erneut die Knie ein, er ließ sich auf seinen Bauch fallen und schlief fest ein. Er drehte sich sogar auf die Seite und streckte sich flach aus. Dort blieb er vier Stunden bis zum Mittagessen. Als die zweite Pferdegruppe hereinkam, wollten alle ein Seminarfoto machen, versammelten sie sich um den schlafenden Cody und wir machten ein Foto. Ich wusste, dass sich bei Cody in dieser 15-minütigen Interaktion, die ich mit ihm hatte, etwas Tiefgreifendes geändert hatte, aber ich erkannte erst viel später, wie tiefgreifend. Als ich nach dem Seminar nach Hause kam, habe ich im Internet die Schlafgewohnheiten von Pferden recherchiert. Mir war klar, dass Pferde im Stehen oder Liegen schlafen können, aber was ich nicht wusste, war, dass sie sich hinlegen müssen, um den tiefen erholsamen REM-Schlaf zu bekommen. Bei Menschen wissen wir, dass sie gereizt oder ängstlich werden, wenn sie nicht genug REM-Schlaf bekommen, und plötzlich wurde mir klar, dass Cody in den letzten sechs Jahren wahrscheinlich sehr wenig REM-Schlaf gehabt hatte und dass das sehr wahrscheinlich die Ursache für sein Durchgehen war. Hannah berichtete mir später, dass Cody eine Woche geschlafen hat, als er vom Seminar nach Hause kam. Nach dem, was ich bei meinen Recherchen feststellen konnte, brauchen Pferde etwa 30 Minuten REM-Schlaf am Tag. Dieser Vorfall ereignete sich vor fünf Jahren, und Hannah erzählte mir, dass er seitdem nicht mehr durchgegangen war. Nicht einmal.

Das Sicherheitsgefühl des Pferdes

Wir alle wissen, dass Pferde in der Herde viel entspannter sind als alleine. Was dafür sorgt, dass sich ein Pferd in einer Herde sicher fühlt, ist aber nicht die physische Anwesenheit der Herde – schließlich gibt es keine Herdenmitglieder, die in Kampfkünsten ausgebildet sind, um böse Jungs von außerhalb zu verprügeln. Was Pferde benötigen, ist das Gruppenbewusstsein der Herde. Da wir alle ein geschäftiges Leben führen, sind wir oft nicht in der Nähe unseres Pferdes. Wir haben Pläne und Erwartungen und leben selten nur den Moment. (…) Sie möchten den Artikel zu Ende lesen? Hier können Sie das Einzelheft FEINE HILFEN Ausgabe 52 als Print-Version bei CADMOS bestellen.

Warwick Schiller

…entwickelte sich seit dem Start seines Youtube-Kanals im Jahr 2011 zu einem weltweit anerkannten Ausbilder für Pferdetraining. Ursprünglich in der Reining auf höchstem Leistungsniveau aktiv, nahm der gebürtige Australier an zwei Weltmeisterschaften teil. Seitdem hat sich seine Sicht auf Pferde vollkommen geändert. Heute ist sein Hauptziel, Pferdebesitzern aller Disziplinen zu zeigen, wie einfach es sein kann, effektiv mit Pferden zu kommunizieren und tiefe authentische Beziehungen aufzubauen, die zu entspannten und tief miteinander verbundenen Pferden und Menschen führen. Dies vermittelt er über seine Online-Videothek, Youtube-Videos und seinen „Journey On Podcast“.
 
Weitere Infos (Foto: Tyler Schiller)
 
 

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Category: Aktuelle Themen, Dressur

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